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Olaf Wegewitz
Für Maria Sybilla Merian
Des Menschen Leben ist gleich einer Blum, hundertblättrig seine Zeit'
vielleicht und Wind wie Rauheit der Luft, schwankend er der Halm und wo
die Wurzel fußt, die Säfte zieht, wer weiß es?
Da wägt der Geist die Bahn von Hand und Auge, Hand und Geist, bewirken,
als wäre das Sichtbare da.
Am Blatt der Knospe verschlossene Hülle, zart, unberührt vom Hauch des
Flügelwindes zum Zeichen liebkosender Gemeinschaft. Der Nektar fließt
reichlich. Aus geöffneter Dolde Duft entsteigt und strömt dahin in dunkle
Täler, in denen Käfer der Beute auflauern und aus denen gesättigte
Schnäpper zur Sonne aufsteigen, vor der im weiten Raum die Venus, ein
Punkt nur, ein Seufzer im Universum dahinzieht.
Im gleißenden Licht unten aber schwellen die Hügel, vom Blick umfangen,
der sich den Regungen widmet, die unterirdisch verschlossen das Tageslicht
suchen, die betropft von giftigen Säften vielleicht nicht entstehen. Das
Geschick Ihrer Künstlerhand bildet auf Karton die Spur.
Das Menschliche Leben soll einer Blume gleich, in Erwartung befruchtender
Stäube duften und schwer von Frucht, gekost von Faltern und Bienen sein '
wo er, der Mensch, sich doch aufschwingt und selbst fliegend den
Nektar verbraucht, nur seinen Stäuben Fruchtbarkeit zutraut und nur seine
Früchte für Wert hält. Schon glättet er unsinnig die Hügel und schlägt die
Wiesen und von den schlanken Stängeln der Gräser stürzen Schmetterlinge
unter eiserne Schlegel, - noch ehe es ihnen gelingt einen Flügelschlag in
die Luft zu treiben. So ungezeigt die Augen der Flügeldecke, ungezeigt die
verpuppte Raupe und ungezeigt der weiche Kokon, der, würde er sein dürfen,
ihrem Papier sich auftrüge, als Liniengespinst der Feder, als Valeur der
Farbe. Prachtentfaltung ist verhindert.
Vom wirkenden Menschenwillen könnte die Wunde, einmal bemerkt, doch noch
geheilt werden.
Des Menschen Leben ist gleich einer Blum, hundertblättrig seine Zeit'
vielleicht und das Rauschen des Meeres gewaltig, wie Wipfel in denen der
Wind spielt. Hier ist Schutz vor Nachstellungen; vor Lichtblitzen.
Surinams Gewitter erschüttern den Festlandsockel, lassen
Heuschreckenschwärme aufsteigen. Wie hitzige Gemüter verbrennen gedenkende
Worte, vom Feuer solch schöner Zeichnungen entfacht. Die Wiese grünt vom
Mairegen fruchtbar begossen und wenig später schon lockt Knabenkraut mit
geöffneten Blüten, locken Kirsche und Ahorn. Erdhügel beginnen zu leben,
Ameisen sammeln Lichtwärme mit ihrem Leib um sie in den dunklen Erdschoß
zu tragen.- Sollte sie als Feuerglut wiederbegegnend, aus Vulkankegeln
kommen?
Schweigend nicken Ziestblüten im Frühsommerwind den Solitärbienen zu.
Pollenreiche Staubgefäße betören Insekten, Lilienblätter sind aus
Wurzelstöcken hervorgewachsen. Grün bedeckt die mageren Gesteinsböden. Ich
wage es nicht, die Steine umzuwerfen. Doch lohnt sich Geduld, nach
Millionen Jahren beginnen Muscheln ein neues anderes Leben in Symbiose mit
Geist und Flechten und aus Gesteinsschrunden klingt das Seufzen des
Urmeeres und es klingt Gletscherschleifen bis Surinam. Wer von uns sieht
die geheimen Regungen wie Sie? |